Im Juni 2025 widmete sich der «Morgen-Gipfel» von EB Connect erneut einem drängenden Thema in der Berufsbildung: Wie gehen Lehrbetriebe mit der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) um?
Trotz sommerlicher Hitze trafen sich 25 Berufsbildungsprofis von Lehrbetrieben und Organisationen an der EB Zürich, um ihre Erfahrungen auszutauschen. Zum Einstieg erklärte Roy Franke, Leiter EB Connect und EB Digital, anhand konkreter Beispiele, wie generative KI funktioniert. Er zeigte, warum die Antworten von ChatGPT zwar logisch nachvollziehbar, aber inhaltlich nicht immer sinnvoll sind. Seine Empfehlung: «Berufsbildnerinnen und Berufsbildner sollten Lernende dazu anregen, KI kritisch zu hinterfragen und die Glaubwürdigkeit der Quellen zu prüfen. Ausserdem hängt die Qualität der Antworten stark von der Qualität der Prompts ab.»
Wie Lernende generative KI nutzen
Einen Einblick in die Praxis gewährte Diego Suter, Fachverantwortlicher Grundbildung ICT beim Kanton Zürich. Dort nutzen laut Umfrage die meisten der 77 ICT-Lernenden regelmässig und immer öfter KI. Sie setzen sie für Recherchen, Textoptimierungen und -korrekturen oder Zusammenfassungen ein – sowohl im Betrieb als auch in der Berufsfachschule. Der Kanton Zürich hat ein Regelwerk eingeführt, das unter anderem auf die Risiken hinweist: verzerrte Informationen, die Veröffentlichung sensibler Daten, Datenlecks durch externe Clouds oder Verletzungen des geistigen Eigentums. «Trotzdem ist es eine zentrale Aufgabe der Berufsbildenden, den Lernenden im Alltag einen verantwortungsvollen Umgang beizubringen», betonte Suter.
Ein ähnliches Bild zeichnete Corina Meierhofer, Leiterin Berufsbildung bei On AG. Ihre neun Lernenden brauchen KI täglich oder mindestens wöchentlich, weil sie dadurch effizienter und motivierter arbeiten. Gleichzeitig sehen sie Gefahren: Abhängigkeit – «man denkt weniger selbst» – und Datenschutzprobleme. Um Letztere zu vermeiden, nutzt die Firma ein internes KI-Tool. Ergänzend gibt es Richtlinien und regelmässige Schulungen. «Die Lernenden im Alltag zu begleiten, ist entscheidend», so Meierhofer. «Das setzt jedoch voraus, dass Berufsbildnerinnen und Berufsbildner selbst mit KI vertraut sind.»
Offener Erfahrungsaustausch
Wie unterschiedlich Lehrbetriebe mit KI umgehen, zeigt die anschliessende Diskussionsrunde: Manche sind sehr restriktiv, andere wiederum fördern den Einsatz aktiv. Betriebe mit sensiblen Daten oder Amtsgeheimnissen sehen vor allem Gefahren. In der Pflege, wo der Mensch im Mittelpunkt steht und der Praxistransfer zentral ist, bleibt die generative KI noch eine Randerscheinung. In der Informatik hingegen gehört sie längst zum Alltag. Dennoch fehlen in den meisten Betrieben klare Regeln oder praktische Anleitungen, etwa in Form von Videos.
Die Teilnehmenden des «Morgen-Gipfels» waren sich einig: Verbote sind keine Lösung. Stattdessen müssen die Jugendlichen sensibilisiert und im kritischen Denken geschult werden. Doch viele Berufs- und Praxisbildner/-innen hinken dem Trend noch hinterher. Es sei schwierig, mit dem Wissen der jungen Menschen Schritt zu halten und die Nutzung von KI zu regulieren, da sich die Technologie rasant weiterentwickelt, lautete der Tenor. Umso wichtiger sei es, jetzt aktiv zu werden und dranzubleiben. Denn der Umgang mit generativer KI ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess.
Teilnehmerstimmen
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«Es überraschte mich, wie unterschiedlich man in der Praxis mit dem Thema umgeht. Einige Unternehmen oder öffentliche Verwaltungen geben klare Vorgaben, andere lassen ihre Mitarbeitenden selbst ausprobieren und daran wachsen.»
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«Vom heutigen Morgen-Gipfel nehme ich viele Erkenntnisse mit – vor allem, dass wir uns als Organisation dringend mit dem Thema befassen und im neuen Jahrgang der Lernenden Massnahmen ergreifen müssen.»
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«Wir müssen heute anders ausbilden und viel mehr mündlich und praktisch machen, um die eigenen Fähigkeiten zu fördern. Unsere Lernenden sollen die Inhalte begreifen, anstatt Fragen mit Hilfe von KI zu beantworten.»