Am 19. September 2023 ist es wieder soweit: Der innovative Fachkongress «Fokus Berufsbildung» für alle Akteure der Berufsbildung findet statt. Zum ersten Mal ist die EB Zürich als Mitorganisatorin an Bord. Das Motto lautet: «Vom ‘Oh no!’ zum ‘Aha!’ – Positiv gelebte Fehlerkultur in der Berufsbildung». Mitinitiant und Co-Moderator Simon Hausammann gibt einen Vorgeschmack, was die BesucherInnen in der Parkarena Winterthur erwartet.
Simon Hausammann ist Leiter Firmenkurse EB Connect an der EB Zürich. Er organisiert den Anlass «Fokus Berufsbildung» seit der Geburtsstunde vor drei Jahren gemeinsam mit dem Lehrstellenportal Yousty AG und dem Kaufmännischen Verband Winterthur. (Foto: Iris Ritter, bvz - Berufslehr-Verbund Zürich)
Simon, das Motto lautet dieses Jahr «Positiv gelebte Fehlerkultur». Was war das grösste Aha-Erlebnis in Deiner Berufskarriere?
Meine wichtigste Erkenntnis: Fehler passieren immer wieder. Entscheidend ist, wie wir damit umgehen. Wer an sich arbeitet, hat in der Schweiz unglaublich viele Optionen. Dies bedingt auch die Chance zu erhalten, Fehler machen zu dürfen und daraus zu lernen. Ich selbst habe in meiner Berufskarriere grobe Fehler gemacht. Mitunter war ich als Fahrlehrer tätig und hatte einen Unfall mit einer Schülerin, direkt vor dem Strassenverkehrsamt! Am nächsten Tag nahm mich mein damaliger Chef mit in die Autogarage und forderte mich auf, ein neues Fahrzeug auszuwählen. Seine Haltung hat mich geprägt: Was passiert ist, können wir nicht ändern. Aber wir können daraus lernen.
Wie gelingt es BerufsbildnerInnen eine positive Fehlerkultur zu etablieren?
Das ist ein breites Thema. Auf persönlicher Ebene beginnt dies mit der Einstellung und Haltung der Berufsbildenden und Lernenden. Die Lernenden sollen eine positive Haltung gegenüber Fehlern entwickeln, damit ein Lernprozess möglich ist. Für BerufsbildnerInnen ist es deshalb wichtig, offen und fragend auf die Lernenden zuzugehen und sich für ihre Überlegungen zu interessieren. Das ist nicht immer einfach. Schliesslich sind sie Fachleute auf ihrem Gebiet und wissen, wie es richtig geht. Nun müssen sie einen Schritt zurück machen und sagen «ich höre zu, was du sagst», anstatt ein vorgefertigtes Bild im Kopf zu haben. Sie können das Denken und den Reflektionsprozess der Lernenden etwa mit offenen Fragen unterstützen, so dass sie ihren Weg selbst gehen und lernen können. Werden ihre Antworten und Ideen wertgeschätzt, dann ist das für die Arbeitsmoral und Stimmung sehr wertvoll. Die Lernenden spüren, dass sie einen Beitrag leisten und dass dieser auch anerkannt wird. Durch diese Lernbegleitung wird ein wichtiger Grundstein für eine Lernkultur gelegt.
Ein Programmschwerpunkt ist die Künstliche Intelligenz (KI). Welchen Einfluss hat sie auf die Berufsbildung – insbesondere die Fehlerkultur?
Wenn ich das wüsste! Die Auswirkungen sind noch nicht in ihrer vollen Breite absehbar. Positiv ist sicherlich, dass die Arbeitssicherheit zunimmt. Ich gehe davon aus, dass weniger Fehler passieren, wenn KI unterstützt. Ausserdem erhalten Lernende mit Beeinträchtigungen neue Möglichkeiten, den Gap zu den anderen zu verkleinern. Zwei Beispiele: Für Legastheniker sind intelligente Vorlesegeräte eine grosse Entlastung. Für Gehörlose gibt es Systeme, die Kommunikation in Gebärdensprache übersetzen. Weiter kann der Einbezug von KI im Unterricht die kritische Denkweise fördern – eine wichtige Zukunftskompetenz. Aber es werden auch Kompetenzen verloren gehen. So lange diese wenig relevant sind für den Berufsalltag mache ich mir keine Sorgen. Verstehen wir die volle Tragweite der Veränderung mit KI? Ich bin in diesem Punkt eher skeptisch. Auf jeden Fall bin ich gespannt, was Key Speaker Christoph Meier dazu sagt.
Du bist Kursleiter in Themen der Berufsbildung an der EB Zürich. Wie setzt Du KI ein?
Ich nutze die Künstliche Intelligenz für die Unterrichtsvorbereitung und thematisiere sie in den Kursen. Die Teilnehmenden sollen sich Gedanken machen: Welche Unterlagen sind KI-generiert? Wie können sie sicherstellen, dass schriftliche Arbeiten von den Lernenden selbst geschrieben werden? Darüber hinaus sensibilisiere ich sie für die Entwicklung in ihrem Betrieb: In welchen Fachbereichen wird KI bereits eingesetzt? Das ist bei vielen Firmen bereits der Fall. Wie gehen sie als Berufsbildner mit der Thematik um? Je nach Rolle und Funktion sollten sie sich mit anderen Abteilungen austauschen. Und das ist etwas vom Wichtigsten, das ich ihnen mitgeben kann: Redet im Betrieb über Berufsbildung und ihre Transformation. Dazu gehört auch die Künstliche Intelligenz.
Du hast den Fachkongress «Fokus Berufsbildung» vor drei Jahren mitinitiiert. Was hat Dich dazu motiviert?
An den Berufsmeisterschaften SwissSkills habe ich gesehen, mit welchem Elan und Engagement sich die Teilnehmenden in ihrem Beruf profilieren möchten. Hinter jedem dieser jungen Menschen stehen Berufsbildende, die Passion und Engagement zeigen. Sie in den Austausch zu bringen, war meine Motivation. Schliesslich prägt das Thema Berufsbildung nicht nur die Persönlichkeitsbildung junger Menschen, sondern auch die Wirtschaft und die Wahrnehmung der Schweiz als Bildungsland.
Auf welchen Programmpunkt freust Du Dich dieses Jahr besonders?
Eine schwierige Frage. Da ich das Programm verantworte finde ich alle Punkte spannend – und das meine ich so. Mit Barbara Studer und Christoph Meier haben wir zwei tolle Key-Speaker, und auch in den Workshops interessante Moderatorinnen und Moderatoren mit einer breiten Palette an Themen. Besonders gespannt bin ich auf den Austausch mit den Teilnehmenden.
«Fokus Berufsbildung» findet am 19. September 2023 in der Parkarena Winterthur statt. Es erwartet Sie ein abwechslungsreiches Programm mit spannenden Referaten und Workshops. Melden Sie sich noch heute an: zur Anmeldung
Key Speaker 2023
Dr. Barbara Studer ist Mitgründerin und CEO sowie Spezialistin Neuro- und Gesundheitspsychologie bei Hirncoach AG. In ihrem Referat zeigt sie, wie wir unsere Hirnpower aktivieren und effektiver lernen, indem wir das Gehirn optimal nutzen.
Dr. Christoph Meier ist Geschäftsführer bei SCIL-swiss competence centre for innovations in learning. Er wagt einen Blick in die Zukunft und zeigt, wie die Künstliche Intelligenz die Berufsbildung verändern könnte.
Weitere Expertinnen und Experten
- Heinz Hartmann, Bereichsleiter Berufsbildung/Arbeitssicherheit, JardinSuisse
- Roy Franke, Abteilungsleiter EB Connect & EB Digital Innovation, EB Zürich
- Nicole Fritschi, Product Owner Video Production, Swiss Re
- Corinne Niklaus, Improvisateurin und Stv. Leiterin for Business, anundpfirsich
- Milan Schmed, Digital Learning Experte und ABU Lehrperson, EB Zürich
- Ralf Martin, Head of Professional Education, Endress + Hauser Flowtec AG
- Vanessa Frisullo, Berufsbildungsverantwortliche und Betriebliche Mentorin, Lyreco Switzerland AG
- Barbara Jasch, Geschäftsführerin, Zürcher Lehrbetriebsverband ICT (ZLI)
Rückblick: Fokus Berufsbildung 2022
Sehen Sie im Video einen Rückblick auf die vergangene Ausgabe von Fokus Berufsbildung 2022.