
Mehr Sicherheit und Selbstwertgefühl gewonnen
«Der Computer war nie mein Freund und ich hatte mich immer vor der Anwendung gedrückt. Fürs Online-Banking reichte es gerade noch und wenn ich mit dem PC Probleme hatte, konnte ich mich auf meine Söhne verlassen.
Nach der Familienphase wollte ich wieder beruflich tätig sein und eine Ausbildung beginnen. In der Standortbestimmung viamia der Berufsberatung – sie ist spezialisiert für Personen ab 40 – empfahl mir eine Beraterin, einen Computerkurs zu besuchen. Heutzutage wird alles mit dem PC gemacht: E-Mails und Bewerbungen oder Arbeiten für die Ausbildung schreiben. Das überzeugte mich und ich meldete mich gleich für einen Kurs an der EB Zürich an.
Dort haben wir viel geschrieben, wovon ich am meisten profitiert habe. Es hat mir richtig Spass gemacht, auch weil ich in der Gruppe von Gleichaltrigen merkte, dass ich mit meinem Problem nicht allein war – wir haben uns gegenseitig unterstützt. Der Kursleiter hat sich für jede und jeden Einzelnen viel Zeit genommen. Er hat uns viele Unterlagen auf Papier verteilt, die ich immer wieder anschaue, wenn etwas unklar ist. Mir das alles selbst beizubringen, wäre unmöglich gewesen.
Weil ich Zeit habe, besuche ich an der EB Zürich auch den Kurs für Allgemeinbildenden Unterricht, den ich später für die Ausbildung benötige. Das Thema meiner Vertiefungsarbeit ist Alkoholsucht: Mein Vater war Alkoholiker. Wegen ihm bin ich damals ausgezogen. Ich wollte mit dem Thema auch meine eigene Jugend aufarbeiten. Zuerst habe ich alles von Hand geschrieben, denn ich war es nicht gewohnt, mit der Tastatur zu arbeiten. Ich habe festgestellt, dass ich so viel kreativer war, als wenn ich es direkt am PC geschrieben hätte. Bis die Vertiefungsarbeit mit den fast 20 Seiten endlich fertig war, ging es lange. Doch jetzt bin ich stolz, weil ich sie selbst angefertigt und geschrieben habe.
Eine besondere Herausforderung war für mich, in Word den Text zu formatieren: Wenn ich Bilder ins Dokument einfügte, waren diese irgendwo – nur nicht dort, wo sie sein sollten. Am liebsten hätte ich dann den Compi an die Wand geknallt. Mein ältester Sohn hat mich beruhigt und unterstützt. Manchmal habe ich versehentlich etwas gelöscht, aber im Kurs habe ich gelernt, dass ich mit Ctrl-Z alles wieder rückgängig machen kann – einfach toll!
Quote
«Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als Computer noch nicht alltäglich waren.»
Auch wenn ich vorher schon etwas konnte, hat mir der Kurs mehr Sicherheit gegeben und mein Selbstwertgefühl gesteigert. Früher benötigte ich oft Hilfe, jetzt kann ich vieles selbständig machen – das ist cool. Der Kursleiter hat uns das Arbeiten mit dem Computer von Grund auf erklärt und ich habe alles verstanden. Mittlerweile ist der PC ein wenig mehr ‹mein Freund›, ich denke aber, dass ich im Beruf nicht zu viel mit ihm arbeiten möchte.
Den Kurs kann ich sehr empfehlen, weil er einen wirklich weiterbringt. In jedem Alter kann man etwas lernen, und niemand muss sich schämen, wenn etwas nicht klappt – es ist alles und immer möglich.»
aufgezeichnet von Jürgen Deininger
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Sandra Okle (45) war mit 16 Jahren von zuhause ausgezogen und hatte keine Lehre gemacht. Nach ihrer Heirat und der Geburt von vier Kindern (12 bis 19 Jahre alt) arbeitete sie zwischenzeitlich in Cafés und in der Kinderbetreuung. Jetzt, nach der Familienphase, möchte sie eine Ausbildung beginnen und wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen.