Porträt

«In der Schweiz war für uns alles wirklich neu.»


Albana und Alban kamen vor elf Jahren zusammen mit ihrer Mutter und ihrem älteren Bruder vom Kosovo in die Schweiz. Ihre ersten Erfahrungen mit der Schule hierzulande waren total anders als in ihrer alten Heimat: Dort trugen Lehrpersonen eine Art Uniform, ihr Ton war ernst, fast militärisch, und die Schüler/innen mussten aufstehen, wenn sie das Klassenzimmer betraten.

In der Schweiz war der Ton angenehmer, wohlwollender. So hiessen Albans neue Mitschüler/innen ihn vor Schulbeginn mit einer Karte willkommen. Da er kein Deutsch konnte, war er sehr nervös und wollte wieder nach Hause – obwohl ihn seine Lehrerin nicht in Uniform, sondern in Jeans empfangen hatte. Für Albana war es nicht weniger schwierig: Mit 15 steckte sie mitten in der Pubertät, konnte zwar gut Englisch, fühlte sich aber mit Deutsch total überfordert.

Quote

«Ein krasses Gefühl – jetzt bin ich Lehrer.»

— Alban Selimi unterrichtet Mathematik im Kurs «START! 4U»

Wenn sie heute selber vor einer Klasse stehen, erinnern sich die Geschwister oft an ihre eigene Geschichte. Wie sie selbst müssen die ukrainischen Jugendlichen in einer völlig neuen Situation in einem fremden Land klarkommen. Weil sie diese Erfahrung geprägt hat, wollten sie in irgendeiner Form helfen – mit Unterrichten! Dabei sind sie sicher, dass ihr eigener Fluchthintergrund die Jugendlichen motiviert und ihnen zeigt, dass auch sie es schaffen können.

Alban beobachtet bei den ukrainischen Jugendlichen oft das gleiche Verhalten wie früher bei sich selbst: Sie trauen sich nicht zu fragen, machen nicht mit, wollen nicht auffallen. Dann spricht er sie an und versucht herauszufinden, was das Problem ist, und kann so helfen. Auch Albana fragt nach, wenn jemand zum Beispiel mehrmals seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Anstatt zu bestrafen, wie sie es von früher her kennt, möchte sie wissen, ob er/sie den Stoff nicht versteht oder die Aufgaben möglicherweise wegen persönlicher Probleme nicht machen konnte. Beide stellen fest: Wenn sie spielerisch und locker sind, geht es den Jugendlichen besser. Selbst wenn sie Witze machen, begegnen ihnen die Jugendlichen mit Respekt und haben Spass im Unterricht.

________________
Albana Selimi (25) studierte an der ETH Zürich zuerst zwei Jahre Mathematik und wechselte später zu Biologie, seit Juni 2022 unterrichtet sie in «START! 4U». Ihr Bruder Alban (22) studiert an der ZHAW in Winterthur Wirtschaftsinformatik; gleich nach der BMS machte er für seine Schwester eine Mathematik-Stellvertretung und stand im August 2022 zum ersten Mal vor einer Klasse.

Ihr Webbrowser ist veraltet

Aktualisieren Sie Ihren Browser für mehr Sicherheit, Geschwindigkeit und ein gutes Nutzererlebnis.

Browser aktualisierenFortfahren