Fokus EB Digital

Metaverse – am Puls der Zeit


«Letztes Jahr wollte ich das Anne-Frank-Haus in Amsterdam besuchen. Doch die Tickets waren über Monate hinweg ausverkauft. Deshalb machte ich eine Tour mit der VR-Brille – das ist zwar kein vollwertiger Ersatz für einen Besuch vor Ort, aber durchaus mit Vorteilen verbunden. Beispielsweise ist die Möblierung im virtuellen Museum sichtbar, während das reale Hinterhaus heute bewusst leer steht. Sie wurde aufgrund der Angaben in Anne Franks Tagebuch rekonstruiert. Das hat mich sehr beeindruckt.

Heute beschäftige ich mich regelmässig mit Virtual Reality und Metaverse. Im Rahmen des Projektes «Multiverse – der vierte Lernort» testet unser Team, wie sich die Technologie für das Lernen, insbesondere in der Berufsbildung, nutzen lässt. Den Begriff «Multiverse» wählten wir, um allzu direkte Assoziationen mit dem Facebook-Konzern Meta zu vermeiden. Natürlich passt er auch zu unserem Vorhaben: Wir ergänzen die drei traditionellen Bereiche der Berufslehre – Betrieb, Berufsfachschule und überbetriebliche Kurse – mit einem vierten, virtuellen Lernraum. Dort können wir unterschiedliche Szenarien simulieren – auch solche, die in der Realität für Lernzwecke nicht oder nur beschränkt verfügbar sind.

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«Jede Lehre beinhaltet Aspekte, die sich digital besser darstellen lassen.»

Gemeinsam mit der Allgemeinen Berufsschule Zürich (ABZ) entwickeln wir ein Modul für die Gastronomie. Mit 360-Grad-Kameraaufnahmen bilden wir die Warenannahme in einem Fünfsternehotel dreidimensional ab. Im digitalen Raum sollen Lernende künftig Waren entgegennehmen und kontrollieren können. So kommen auch Angestellte von kleinen Restaurants in eine Lernsituation, die sie in ihrem Betrieb nicht vorfinden.

Viele Unternehmen setzen schon heute VR-Welten zu Schulungszwecken ein – etwa Airlines, die mit dem Kabinenpersonal das richtige Verhalten bei einem Flugzeugbrand trainieren. Die Anwendungen funktionieren immersiv: Der User taucht völlig ein in die künstliche Umgebung; sie erscheint ihm real, weil er direkt mit ihr interagieren kann. Für den Unterricht in Berufsfachschulen sind unzählige Möglichkeiten denkbar: Jede Lehre beinhaltet Aspekte, die sich digital besser darstellen lassen. Kürzlich haben wir etwa den Motor eines Elektroautos gescannt und in den virtuellen Raum gestellt. Dort lässt er sich zoomen, drehen und sogar begehen und von innen betrachten.

Das Projekt liefert wertvolle Erkenntnisse: Welche immersiven Lernszenarien sind mit überschaubarem Aufwand umsetzbar? Welche Tools eignen sich dafür? Wo sind die Grenzen? Künftig möchten wir Berufsfachschulen und Lehrpersonen beraten und unterstützen. Klar wissen wir noch nicht, ob das Metaverse nur ein Hype ist oder Zukunft hat. Aber ich sehe grosses Potenzial darin.»

aufgezeichnet von Nicole Demarmels
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Christian Flury ist seit mehr als 30 Jahren in der IT tätig. Seit 2019 leitet er an der EB Zürich den Bereich EB Digital. 2022 wählte der kantonale Innovationsfonds Berufsbildung das Projekt «Multiverse – der vierte Lernort» zur Förderung aus.

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