Realitätsnah: Studierende lernen mit VR-Agenten

«Wie führe ich ein Mitarbeitergespräch? Wie formuliere ich eine Kündigung? Am Strickhof bereiten wir die Studierenden der Höheren Fachschule für Lebensmitteltechnologie auf solche verantwortungsvollen Führungsaufgaben vor. Nach ihrem Abschluss leiten sie zum Beispiel die Produktion oder übernehmen die Qualitätssicherung bei einem Nahrungsmittelkonzern. Im Fach ‹Kommunikation und Leadership› lernen sie, schwierige Gespräche zu meistern, dabei die Ziele zu fokussieren und gleichzeitig Empathie zu zeigen. Dies übten wir bis anhin mit Rollenspielen.

Marlys Hirt von der Höheren Fachschule für Lebensmitteltechnologie am Strickhof zusammen mit ihrer Kollegin Brigitte Meier

Als Brigitte Meier, Chief Digital Officer und Adjunktin am Strickhof, und Digital-Learning-Experte Christian Hirt von der EB Zürich einen Virtual-Reality-Sprechtrainer erwähnten, war mein Interesse geweckt. Im Spatial Computing Lab an der EB Zürich probierte ich die Anwendung ‹VirtualSpeech› erstmals aus und führte ein Mitarbeitergespräch mit einem sozial-interaktiven Agenten, der auf Virtual Reality (VR) und Künstlicher Intelligenz (KI) basiert. Der Mitarbeiter nutzte das Geschäftstelefon oft für private Auslandsgespräche. Meine Aufgabe war es, ihm als Vorgesetzte klar mitzuteilen, dass ich dies nicht dulde. Seine realitätsnahe Mimik und Gestik überraschten mich. Schnell war mir klar: Das möchte ich mit meiner Klasse ausprobieren.

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«Der Besuch im Spatial Computing Lab überzeugte mich. Ich probierte alles aus und das Team von EB Digital beantwortete geduldig meine Fragen.»

Unterstützt von Brigitte Meier, dem ICT-Lernenden vom Strickhof und Christian Hirt richtete ich die Technik ein und führte eine Sequenz mit der Klasse durch. Den Inhalt der VR-Brillen übertrugen wir auf einen grossen Monitor, sodass alle im Raum den virtuellen Agenten sehen und Feedback geben konnten. Die meisten Studierenden fanden es ‹eine coole Erfahrung›. Vorsichtig und eher skeptisch darauf eingelassen haben sich diejenigen, die sich nicht so gerne exponieren – für sie war das anschliessende Übungssetting in Kleingruppen besser geeignet. Als besonders wertvoll empfand ich den Aha-Effekt: Plötzlich merkten die Studierenden, dass sie sich beim Gespräch selbst in eine Ecke manövriert hatten, und mussten sich fragen: ‹Wie finde ich hier wieder heraus? Wie bleibe ich zielfokussiert?› Das führte zu einem nachhaltigen Lerneffekt.

Die Vorteile des VR-Trainings liegen auf der Hand: Die Lernenden können in verschiedene Szenarien eintauchen und sie erleben – vom Eins-zu-eins-Interview bis hin zur Präsentation vor einem grossen Publikum. Anschliessend erhalten sie ein strukturiertes Feedback. Der virtuelle Agent ersetzt zwar keinen echten Menschen, dient jedoch als wertvoller Trainingspartner, ergänzend zu Rollenspielen. Zu beachten sind die Kosten und der Initialaufwand für die IT.

Mein Tipp fürs Klassenzimmer? Bei 20 Studierenden sind zwei Lehrpersonen und mehr als zwei VR-Brillen nötig, damit die Studierenden später auch selbständig üben können.»

aufgezeichnet von Nicole Demarmels

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Marlys Hirt (57) führt den Bereich Höhere Fachschule für Lebensmitteltechnologie am Strickhof und arbeitet als Dozentin für Kommunikation und Leadership. Zudem ist sie selbständig tätig und bietet Führungscoaching, Organisations- und Teamentwicklung sowie Seminare zu Führungsthemen an.

Bild: Brigitte Meier (links) und Marlys Hirt (rechts).

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